Workshop

Regionen mit Bevölkerungsrückgang – Perspektiven für einen Image-Wandel!

8. Mai 2018, 10:00 – 16:30 Uhr

Faulenzerhotel Schweighofer Friedersbach (Zwettl)



Regionen mit abnehmender Bevölkerungszahl werden in der öffentlichen Wahrnehmung zunehmend mit Bildern wie „Sterben“, „Verlust“ oder „(Land-)Flucht“ verbunden. Dies hat nicht nur Folgen für die Außenwahrnehmung (wer siedelt sich schon gerne in einer „sterbenden Region“ an) sondern auch für Selbstbild und Perspektiven der ansässigen Bevölkerung. Diese häufig emotional und stilistisch überzeichneten Darstellungen hinterlassen große Zweifel an realen Handlungsmöglichkeiten und überdecken zudem vielfach die Fakten.

Im Rahmen dieses Workshops wurde eine aktuelle ÖREK-Studie vorgestellt, die genau diese Fakten untersucht und darstellt, was tatsächlich hinter den vermeintlichen Unterschieden zwischen Regionen mit und ohne Bevölkerungsrückgang steckt. Die Ergebnisse der Studie zeigen: Es gibt Handlungsmöglichkeiten und damit auch Ansatzpunkte für eine andere, positivere Kommunikation!

Die Veranstalter und Vortragenden des Workshops:

v.l.n.r.: Michaela Böhm-Loidolt (LAG-Management Assistentin Waldviertler Grenzland), Martin Huber (LAG-Manager Waldviertler Grenzland), Elisabeth Stix (ÖROK), Irene Racher (wikopreventk), Markus Stadler (BM f. Nachhaltigkeit und Tourismus), Luis Fidlschuster (Netzwerk Zukunftsraum Land), Helmut Hiess (Rosinak & Partner), Michael Fischer (Netzwerk Zukunftsraum Land), Theresia Oedl-Wieser (BA f. Bergbauernfragen)



Nach der Begrüßung durch Luis Fidlschuster vom Netzwerk Zukunftsraum Land stellten Elisabeth Stix (Geschäftsstelle der österreichischen Raumordnungskonferenz, ÖROK) und Markus Stadler (Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus, Abt. Koordination ländliche Entwicklung und Fischereifonds) die ÖREK-Partnerschaft „Strategien für Regionen mit Bevölkerungsrückgang“ sowie die im Rahmen dieser Partnerschaft erstellte Studie vor. Die wichtigsten Erkenntnisse aus dieser Studie wurden den Teilnehmern im Anschluss in drei interessanten Referaten zu unterschiedlichen Schwerpunkten präsentiert:

In „Stellt euer Licht nicht unter den Scheffel“ erläuterte Helmut Hiess (Rosinak & Partner ZT GmbH) die Befunde zu Bevölkerungsdynamik, Wirtschaft und Tourismus in Regionen mit Bevölkerungsrückgang. Die wesentlichsten Erkenntnisse der Studie dazu sind, dass der dominierende Faktor für den Bevölkerungsrückgang nicht primär die Abwanderung, sondern die sinkende Geburtenrate ist und hier ist mittelfristig keine Trendumkehr zu erwarten. Anstatt Abwanderung verhindern zu wollen, sollte der Focus der betroffenen Regionen daher eher darauf liegen, Zuwanderung und Rückwanderung zu unterstützen!

Theresia Oedl-Wieser (Bundesanstalt für Bergbauernfragen) interpretierte in „Bewegung vorwärts oder sozialer Zwang“ gender- und lebensphasenspezifische Aspekte der Ab-/Wanderung junger Menschen. In der Lebensphase zwischen 15 und 35 Jahren findet man verstärkt Mobilität bei jungen Frauen und Männern bedingt durch Ausbildung, Übertritt ins Erwerbsleben, Eingehen von Partnerschaften, Haushalts- und Familiengründung, usw.  

Für die Entscheidung, sich in einer Region anzusiedeln oder zu bleiben, spielen für die meisten Menschen neben den harten Faktoren wie (Nicht-)Vorhandensein von Ausbildungsstätten, Erwerbsmöglichkeiten und Entlohnung sehr wohl auch die sogenannten weichen Faktoren Lebensqualität, politische Rahmenbedingungen, Geschlechterrollenbilder, kulturelle Orientierung und Angebote, soziale Bindungen und Netzwerke eine bedeutende Rolle!

Fazit: Auch von diesem Standpunkt aus betrachtet gilt daher, der Focus sollte nicht so sehr auf die Abwanderung gelegt werden, sondern darauf, die Region attraktiv für Zuwanderung und Rückkehrer zu machen!

Im letzten Referat „Kein Grund zur Unzufriedenheit“ zeigte Michael Fischer (Netzwerk Zukunftsraum Land) Thesen zur Lebensqualität im ländlichen Raum auf. Eine wesentliche Erkenntnis der Studie war, dass sich die objektive gemessene Komponente von Lebensqualität in einer Region, definiert durch das Vorhandensein und die Qualität bestimmter Angebote und Leistungen der Daseinsvorsorge (z.B.: Kinderbetreuung, Schule, Arzt, Nahversorger, usw.) und die subjektive Komponente, also die gefühlte Lebensqualität der Menschen nicht unbedingt decken! Die allgemeine Lebenszufriedenheit der Menschen in Regionen mit Bevölkerungsrückgang ist gleich hoch oder oft sogar höher als in Regionen ohne Bevölkerungsrückgang, obwohl der Zugang zu Leistungen der Daseinsvorsorge sich im Schnitt schwieriger gestaltet.

Eine These, die in Skandinavien entwickelt wurde um dieses Phänomen zu erklären, besagt, dass sich subjektive Lebensqualität aus 3 Komponenten zusammensetzt:

1.       „Having“: die materielle Komponente
2.      
„Loving“: die Beziehungs- oder soziale Komponente, Integriert Sein
3.      
„Being“: selbstbestimmte Lebensgestaltung, Work-Life Balance, Kontakt zur Natur, Ausüben sinnvoller Tätigkeiten.
Der Appell an ländliche Regionen lautet daher: Arbeiten Sie an den Komponenten „Loving“ und „Being“ und kommunizieren Sie es!

Die Ergebnisse der Studie zeigen deutlich: es gibt Handlungsmöglichkeiten und damit auch Ansatzpunkte für eine andere, positivere Kommunikation!

Im Anschluss hatten die Teilnehmer die Gelegenheit, die vorgeschlagenen Handlungsmöglichkeiten aus Sicht des Waldviertels zu diskutieren und sich auszutauschen. Dabei ging es neben Wirtschaft & Tourismus nun insbesondere um die Themen Lebensqualität, Gleichstellung und gesellschaftliche Vielfalt.

Der zweite Teil des Workshops am Nachmittag behandelte das Thema Kommunikation und wie eine Alternative zu den gängigen Sprachbildern („Narrativen“) aussehen könnte.

Der Impulsvortrag „Wie Kommunikation wirken kann“ von Irene Racher (wikoprevent) betonte die enorme Bedeutung von Sprachbildern und die Wichtigkeit einer aktiven positiven Medienberichterstattung, um den in den Köpfen der Menschen verankerten negativen Bildern zu Regionen mit Bevölkerungsrückgang etwas Positives entgegen halten zu können und das Bild nach und nach zu ändern!

In der Diskussion in den Arbeitsgruppen danach ging es darum wie diese neue Kommunikation in der Praxis am besten umzusetzen ist. Die konkrete Wirkung bestimmter Sprachbilder wurde eifrig diskutiert und alle Anwesenden beteiligten sich mit Vergnügen an der Aufgabe positive Narrativen zu entwerfen, die einen dauerhaften Image-Wandel für ländliche Regionen mit Bevölkerungsrückgang bewirken können!


Teilnehmer Workshop Regionen mit Bevölkerungsrückgang

Die Veranstalter, Vortragenden und Teilnehmer der Workshops „Regionen mit Bevölkerungsrückgang – Perspektiven für einen Image-Wandel“ am 8. Mai 2018 in Friedersbach bei Zwettl




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